So wurden alltägliche Dinge geregelt

Kleidung
Post
Taschengeld
Urlaub
Ausgang
Freizeit
Aufgaben auch Ämtererledigung
Private Gegenstände

Kleidung

Jedes Kind bekam bei Ankunft eine Nummer, die sich fortan in allen Bekleidungsstücken wieder finden sollte. Im angrenzenden Wirtschaftsgebäude war die sogenannte Nähstube untergebracht. Zwei Frauen waren dafür zuständig, dass die Kleidung gewaschen, gebügelt und zusammengelegt in ein Fach im großen Wandregal mit der entsprechenden Nummer kam.
Jeden Donnerstag war Kleidertausch, heißt, jedes Kind nahm seine schmutzigen Sachen und brachte sie in die Nähstube um sich dort einen "Satz" neuer Anziehsachen zu holen. Dieser bestand aus 1x Schulkleidung, 1x Alltagskleidung, einem Schlafanzug, Unterwäsche und für die Mädchen zusätzlich eine Schürze.

Nach dem Schulbesuch musste sich dann umgezogen werden, schließlich gab es in der Woche nur einmal neue Kleidung. Schuhe waren im Keller untergebracht, wobei jeder ein aktuelles paar Schuhe im Schuhregal zu stehen hatte, dass täglich  in Gemeinschaft geputzt wurde.

Für Kleidung und Schuhwerk stand für jeden eine bestimmte Summe zur Verfügung (finanzielle Zuschüsse). Eingetragen in einem Heft konnte jedes Kind nachvollziehen, wie viel von der Summe für neue Anschaffungen noch vorhanden war. In der Regel wurden die Sachen gemeinsam mit dem Erzieher gekauft, da bestimmte Läden ein Konto für die "Heimkinder" hatten. Nicht immer ging der Geschmack der Erzieher konform mit dem des Kindes, und so lernten die Kinder Kompromisse zu machen...

Im Jugendalter war es durchaus legitim, einige Anziehsachen "auf Vorrat" in einem Fach oder Schrank des gemeinsamen Schlafsaales zu haben. Die Benutzung der Waschmaschine war dann am Wochenende kein Problem. 

Post

Grundsätzlich ging jede Post erst über die Erzieher, bevor man sie bekam. In begründeten Ausnahmefällen wurde Post, die von Außen kam geöffnet. Post, die von innen nach außen ging, wurde grundsätzlich kontrolliert. Dazu war es nötig, Briefe, die man schrieb, offen zu lassen, damit der Erzieher "Korrektur" lesen konnte. Erst dann gingen sie in den normalen Postweg.

Briefkästen gab es aber auch auf dem Weg zur Schule und Briefmarken konnte man sich von seiner Verwandtschaft organisieren. So stellte es kein Problem dar, seine eigene Post auf Reisen zu schicken.

Taschengeld

Auch hierfür gab es eine gesetzliche Grundlage, die bestimmte, welches Kind in welchem Alter wie viel Taschengeld bekam.

Die Auszahlung erfolgte monatlich in bar gegen Abzeichnung in einem Heft, dass man dieses Geld erhalten hatte. Was auch immer man sich davon kaufen konnte, war frei. Bei den jüngeren Kindern wurde durchaus kontrolliert, was davon gekauft wurde, bei den Älteren nicht mehr. Was sollte man sich auch schon von 10 Mark im Monat kaufen, wenn man schon 14 Jahre oder noch älter war. 

Zum Vergleich:
> Kleidung war annähernd so teuer, als würde man jetzt in Markengeschäften einkaufen gehen. 
> Lebensmittel waren recht preiswert, aber es gab eben auch nur eine kleine Auswahl von allem.
> Alkohol und Zigaretten waren vergleichsweise teuer (Zigaretten zwischen1,60M und 4,00M, Flasche Alkohol ab    25% Alkoholgehalt im zweistelligen M-Bereich)
> Ein Besuch in der Disco für Mädchen eine feine Sache, da recht preiswert. Für Jungen das Taschengeld für mindestens einen Monat
> Zeitschriften wie Bravo, Barbie und Co, gab es nicht, dafür sozialistisch angehauchte Pionierzeitschriften, die wiederum recht günstig zu haben waren. Ausnahme dabei bildete das NL-Neues Leben, dass mit ein paar Rock- und Poptitanen der Bravo versuchte, Konkurrenz zu machen. Für Jugendliche die Zeitschrift, um Tapetenwände mit Postern zu verschönern

Urlaub

Nicht zu verwechseln mit Ferien: Wenn ein Kind in seine oder eine andere Familie übers Wochenende oder den Ferien ging, wurde es "beurlaubt". Diese Beurlaubung bedurfte der Zustimmung der Jugendamtes und der Heimleitung und wurde nur mit einem eigens dafür vorhandenem Urlaubsschein genehmigt. Dieser wiederum musste bei der Familie, in der man war, unterschreiben werden, damit man bei Rückkehr ins Heim auch genau wusste, dass die Kinder dort vor Ort waren.

Passend dazu konnte die Heimleitung entscheiden, ob ein Kind oder Jugendlicher Urlaubssperre erhält, um so pädagogisch auf denjenigen einzuwirken. Ein sehr beliebtes Mittel, um sich Kinder gefügig zu machen. Ebenso beliebt war die sogenannte Ausgangssperre.

Ausgang

Ausgang ist hier mit dem Wort Freigang gleichzusetzen. Ausgang gab es für Jugendliche ab der 8.Klasse und zwar immer Sonntags in der Zeit zwischen 14 und 17 Uhr. Dabei war es den Jugendlichen gestattet, sich in diesen 3 Stunden frei außerhalb des Heimes zu bewegen ohne Bevormundung eines Erwachsenen. Wer zu spät kam oder sich irgendwas zu schulden kommen ließ, verspielte sich seinen Ausgang und musste dann auf den nächsten warten.

Freizeit

Freizeit ist ein Begriff, der so nicht gebraucht werden konnte, da man keine freie Zeit hatte. Wer freie Zeit hatte, bekam eine Aufgabe, denn zu viel freie Zeit barg das Risiko in sich, Gedankengut auszubilden, dass nicht erwünscht war. Freunde besuchen war ohne weiteres nicht möglich, ein Stadtbummel vergeudete Zeit, "abhängen" keine solide Freizeitgestaltung. 

Ein gut ausgebautes Netz an freiwilligen AG´s in der Schule und im Heim sorgten dafür, dass die Freizeit sinnvoll verbracht werden konnte. Schul-AG´s waren natürlich beliebter, weil die auch geschwänzt werden konnten, ohne das es jemand mitbekam. Die Freizeitgestaltung im Heim war weniger frei und unter ständiger Beobachtung. Es blieben jedoch keine Wünsche offen: Flötenkurs, Chor, Theatergruppe, Aquaristik, Kreiskinderfilmclub, Kulturgruppe, Teilnahme an Veranstaltungen des Kulturbundes, des Kreiskulturhauses und der Musikschule, Wandzeitungsgestaltung oder der Mitarbeit an der Gruppenchronik oder des Forschungsauftrages für ein Jahr.

Das alles ließ sich in die Zeit pressen zwischen Hausaufgaben und Abendessen. Eine Umsetzung nach der "Ämtererledigung" und vor dem zu Bett gehen war eher selten möglich, aber machbar.

Aufgaben auch Ämtererledigung

Jede Gruppe hatte auf ihrer Etage bestimmte Dienste, Aufgaben zu erledigen. Eine gute Sache für die Selbständigkeit jedes Einzelnen, aber auch rentable Arbeitskraft. Dafür gab es einen Wochenplan, an dem jeder ablesen konnte, wer mit welchem Dienst dran war. Unbeliebt waren Toiletten und Waschräume putzen, Küchendienst war auch kein Favorit. Gern genommen, weil schnell erledigt waren Dienste wie Gruppenräume oder Keller fegen. Keller rangiert dabei auf der  Beliebtheitsskala ganz weit oben, weil man dann unbeobachtet war und einfach mal so nach draußen gehen konnte, um eine zu rauchen.

Überwacht  wurden die Aufgaben nicht vom Erzieher, sondern von einem aus der Gruppe ausgewählten Aufpasser vom Dienst, der allen anderen auf die Füße treten musste, wenn die Aufgabe nicht entsprechend oder gar nicht ausgeführt wurden.

Private Gegenstände

Jedes Kind und Jugendlicher besaß ein sogenanntes "Eigentumsfach". Das war nichts anderes als ein Fach in einem Schrank, wo man seine persönlichen Sachen ablegen konnte. Genau genommen hatte jedes Kind zwei solcher Fächer, eins für die Schulsachen und eins für die Alltagskleidung und sonstiger privater Dinge. Da diese Fächer aber für alle zugänglich waren, sollte man sich schon überlegen, was man dort hinein packte.

Tägliche Schrankkontrollen auf Ordnung und Sauberkeit brachten so manche Schachtel Zigaretten oder nicht genehmigte Zeitschriften zu Tage. Besonders heftig wurde es, wenn der Grad der Ordnung nicht zufriedenstellend erreicht wurde. Dann half nur noch ein Ruck am Brett und die sich jetzt am Boden befindlichen Sachen konnten nun in einer geordneten Weise eingeräumt werden.

In ähnlicher Weise wurde das auch bei Schulranzenkontrollen gemacht.